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Lutz Deterra

Quarantäne – Blog 10.08.2021

Tag 3, 11:20

Möwengeschrei hat mich sanft aus meinen absurden Träumen gelockt. Und der inzwischen anschwellende Verkehr da draußen liefert mit etwas Fantasie die dazugehörigen Brandungsgeräusche. 
Das war heute Morgen so gegen 06:00.

Ich stelle fest: hier passiert nicht wirklich viel. Abgesehen von den drei Mahlzeiten (von denen ich eine auslasse) passiert hier so rein gar nichts. NICHTS ! Wie das wohl im Knast ist. OK, ist vielleicht ein schlechter Vergleich. Da gibt’s kein Laptop mit W-Lan und TV, und das Bett ist kleiner. Dafür aber Freigang im Hof. Ach ja, und dann muss man mit den bösen Jungs gemeinsam duschen. Dann doch lieber 4-Sterne-Hotel in Hamburg. 
Frage mich was die Kollegen in den anderen Quarantänezellen wohl so machen. Ob sie schon bei der großen Körperinventur angekommen sind? Am Anfang gab es noch witzige Sprüche in der WhatsApp-Gruppe. Diese sind leider inzwischen verstummt. Ich sollte eine tägliche Zoom-Konferenz vorschlagen. Um mal zu „sehen“ ob noch alle da sind.

Die Rückenschmerzen nehmen leider zu, und ich beschließe mit Bewegung gegenzuwirken. Vielleicht versuche ich mich an Dehnungsübungen zu erinnern, die mir Physiotherapeuten mal gezeigt haben. Da ist mein Gedächtnis aber leider etwas lückenhaft. Schon gleich nach dem Aufwachen habe ich es versucht . Auf dem großen Bett ging die Eine und die Andere Übung die mir noch einfiel, ganz gut. Jedenfalls hab ich mir das so eingeredet. Andere Übungen (Wahrscheinlich die effektiveren) hatte ich komplett vergessen.
Aus Erfahrung weiß ich, dass mir Laufen immer geholfen hat meine LWS wieder geschmeidig zu bekommen. Das Laufen in diesem Hotelzimmer sieht dann aber so aus, als wollte man eine Mr. Bean oder Monthy Python -Szene drehen. Egal. Ich startete meinen „walk“ also von der Eingangstür (die gleichzeitig auch die Ausgangstür ist – Spaß muß sein!) in Richtung Fenster, was in etwas 8-9 Meter sind. Dort am Fenster angekommen gibt es den kleinen Platz mit dem Sessel und den Wasserkästen. Dieser Platz eignet sich hervorragend um einen kleinen „turn“ zu laufen, und um dann rechts abknickend am Bett vorbei wieder in den kleinen Korridor mit der Eingangstür zu gelangen. An selbiger Tür endet dann die Zimmerrunde und es heißt „Da Capo“. Also umdrehen und wieder los.... Leider gibt es keine Coda oder Bridge.

Diese bekloppte Runde habe ich dann ungefähr 15 Mal wiederholt. Dabei sollte man am besten nicht darüber nachdenken, was man da gerade macht. Mir kam dennoch immer wieder das Wort „Hospitalismus“ in den Kopf. Und ich fragte mich, ob der Tiger im Zoo auch „Rücken“ hat.

15:50
Das Rindersteak gestern Abend war wohl doch nur ein Ausrutscher. Heute gab es (zum Mittag) wieder Geschnetzeltes (vielleicht nennen sie es auch Gullasch?). Dieses Mal mit Spätzle und Rotkohl. Das erinnert mich an ein Engagement in den früher 80ern, wo es für die Band immer das selbe Essen gab. Bis wir ein ganzes Set immer den selben Song gespielt haben. Danach war die Sache geklärt. (Vertraglich war ein Band-Essen vereinbart, nicht aber welches. Vertraglich waren auch drei Spielsets vereinbart, nicht aber welche Songs wir spielen!)

Ja, und nach dem Essen ist der Bauch wieder voll, und das große Bett winkt mich zu einem Verdauungsschläfchen herüber. Aber da will ich doch lieber widerstehen. Besser noch ein paar hundert Meter laufen....  









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