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von Lutz Deterra 10 Aug., 2021
von Lutz Deterra 10 Aug., 2021
von Lutz Deterra 09 Aug., 2021
Quarantäne, Tag 1 OK, nun wandelt sich meine Quarantäne vom Spekulations-Modus in den Erfahrungs-Modus. Die erste Nacht verdammt ruhig. Ruhig dafür, dass ich mich in einem sehr großen Hotel mitten in der Hamburger City befinde. Ich hatte das Fenster leicht geöffnet und lauschte gestern Abend noch dem nächtlichen Gewitter. In den frühen Morgenstunden, so etwa um 05:00 hörte ich Mövengeschrei nicht weit vom Hotel entfernt. Aha - wie schön, dachte ich, bin ja dem Meer schon ziemlich nah. Kurz vor halb acht klopfte es an meiner Zimmertür. Das Frühstück ?! Ich öffnete die Tür, und siehe da, der Hotelservice hat schon wieder ein Tablet auf der Fußmatte abgestellt. Frühstück am Sonntag Morgen um halb acht. Donnerwettter. Allerlei Körnerbrötchen mit kleinem „worst/case“- Ensemble und Marmelade und Honig. Dazu ein Glas Orangensaft, aber leider kein Kaffee. Nur noch weitere Kaffeepulverkapseln für den TASSIMO-Automaten in der Zimmerecke. Ich machte mich daran dieses Gerät in Gang zu bringen. Leider war ich schon zu blöd diese Riesenkapsel richtig einzulegen. Einen Ein/Aus-Schalter konnte ich auch nicht finden. Es war noch etwas duster im Zimmer, und die Zimmerbleuchtung ist abends zwar recht stimmungsvoll, aber in der Ecke mit der Kaffeemaschine war es nun recht dunkel. Schliesslich legte ich die Pulverkapsel verkehrtherum ein, und siehe, auf einmal passte sie. Mit dem Licht meines Handys fand ich dann auch einen POWER ON/OFF-Schalter an der Gehäuseseite. Diverse Anzeigen begannen zu Leuchten, eine rote blinkte heftig. Hörte dann aber irgendwann auf zu blinken, was leider nicht dazu führte dass nun endlich mein Kaffee gekocht wurde. Ich rief die Rezeption an und schilderte mein Problem. Eine weibliche Stimme erklärte mir mit starkem spanisch/mexikanischem Akzentwie ich die Maschine zu bedienen hätte. Aha, ich hatte alles richtig gemacht. „Es tut sich aber trotzdem nichts in Richtung Kaffee“, sagte ich ihr. „Also müssen Sie jetzt Kaffe haben?, hörte ich die Telefonstimme fragen? „Wie meinen?“ „Also müssen Sie jetzt unbedingt Kaffe haben??“ „Aber ja doch. Bitte!“ Ich wundere mich dass ich da nicht schon lachen musste. „Habbe schon Frühstück bekommen?“ „Ja, steht vor mir.“ „Und warre da keine Kaffee bei?“ „Nein, nur weitere Pulverkapseln.“ „Dann lasse ich gleich eine Thermoskanne Kaffe hochbringen!“ Zwei Minuten später klopfte es wieder an der Tü, und der Kaffee war da. Wie erwartet verspürte ich keinerlei Lust mich zu duschen und mich umzuziehen. Jetzt bei Tageslicht konnte ich sehen wie sich das kleine Hotelzimmer mit allerlei kleinen Textilinseln füllte. Jetzt schon, am ersten Tag. Das gestrige Auspacken verlief nämlich etwas ruppig und unorganisiert. Also wenn das Zimmer gestern noch etwas moderne Atmosphäre versprühte, war davon jetzt schon nichts mehr zu spüren. Jetzt müsste die aktuelle Atmosphäre eher „pubertierender Jugendlicher“ lauten. Ergo muß ich da später mal ran und etwas aufräumen. Aber zuerst mal'n bisschen im Netz surfen und die ankommenden Meldungen der Kollegen checken. Und ZACK war ich wieder im Bett, TV wie immer im Hintergrund, die Vorhänge auf Halbmast gezogen, und wenig später wieder eingeduselt. Die nächsten Klopfzeichen vernahm ich schon um 12:15. Mittagessen. Diese Essenszeiten lassen Erinnerungen an meinen letzten Krankenhausaufenthalt in mir hochkommen. Nach meinem Teller mit Schweinsgeschnetzeltem an Spätzle und Rosenkohl verspürte ich dann doch das Bedürfnis mich zu duschen. Danach schloss ich die mitgebrachte Miditastatur an meinen Laptop an, und begann etwas in den DAW zu hacken. Nach ein/zwei Stunden recording und editing konnte ich dann befriedigend feststellen, dass mich diese Art der Beschäftigung wohl durch die Quarantäne retten wird. Bzw. das sie es könnte. Leider ist der Schreibtisch in diesem Zimmer recht klein. Vor allem wenn man bedenkt, dass ich darauf schreibe, esse und trinke, div. Dinge abstelle und mein kleines Camping-Studio betreibe. Im Grunde rödel ich die ganze Zeit Sachen auf dem Tisch von links nach rechts, oder suche neue Ablageflächen (Fußboden). Der Stuhl vor dem Schreibtisch, also der auf dem ich sitze, ist leider aus orthopädischer Sicht völliger Schrott. Sieht aber sehr trendy aus. Wie überhaupt die gesamte Zimmereinrichtung sehr an ein Jugendzimmer erinnert. Oder es ist nur ein weiteres Zeichen dafür dass ich jetzt „alt“ bin? So wie die Probleme mit der Kaffeemaschine? Und da fallen mir plötzlich dazu noch ein paar weitere Sachen ein... HOWEVER, mein Rücken schmerzt jetzt schon nach nur einem Tag auf diesem schicken Stuhl. Hab aber einen altersgerechten Beutel mit Medikamenten mitgebracht. Oh weh, das geht nicht gut los......
von Lutz Deterra 09 Aug., 2021
Kallappp, die Zimmertür schnappt hinter mir zu. Das war jetzt der letzte Gang auf’s Zimmer. Zuvor waren da noch zwei Tage voller Transportationen. Erst mit dem ICE nach Berlin, was wie immer recht komfortabel war (bis auf das schnarchlangsame W-lan der deutschen Bahn). Dann wurde noch kurz etwas mit der Sängerin geprobt, und später am Abend gab es ein gemeinsames Essen beim Vietnamesen. Heute ging es dann per MB-Vito von Berlin nach Hamburg. Im Vito ist es vorne mit drei Personen eng wie in einer Sardinendose. Eine Baustelle und Stau jagte die Andere. Es war zum Mäusemelken. Und ungefähr 400 Meter vorm Ziel brach der Verkehrsfluss wegen des CSD völlig zusammen und unser Gitarrist Karl ging den Rest zu Fuß zum Hotel. Dann mußte noch ein Corona-PCR-Test gemacht werden. Warum dieser am weit entfernten Hamburger Airport abgehalten werden sollte ist mir bis heute schleierhaft. Auf dem Rückweg haben wir noch etwas im Consum für die lange Zeit in Einzelhaft eingekauft. In meinem Fall Schokolade, Bananen und Salzbrezel. Der letzte Gang auf’s Zimmer. Es gibt nun kein return mehr. Die Tür bleibt für volle sieben Tage zu. OK, die Mahlzeiten darf ich mir noch von der Fußmatte ins Zimmer-Innere reinziehen und später wieder rausstellen. Aber das war’s dann auch. Ich blicke auf die kommenden Tage voller Sorge. OK, im Krankenhaus ist es doch ähnlich, oder. Kleines Zimmer, man liegt tagelang im Bett, kann da auch nicht raus. Dazu kommen noch die Schmerzen, die Sorgen und Ängste. Aaaber - da sind ja immer noch die vielen Schwestern und Putzfrauen, oder die Pfleger, die das Essen ans Bett bringen. Laufend fliegt die Tür auf, und es passiert etwas. Hier wird in der nächsten Woche absolut nichts passieren. Und Sorgen und Ängste habe ich hier auch. Sorgen darum dass mein Schokoladen- und Brezelvorrat nicht ausreicht. Also, ich habe meine kleinen Leckereien, reichlich Lesestoff, W-Lan, meinen Laptop mit Musiksoftware zum arbeiten und kreativ sein. Ach ja, den Fernseher hatte ich ganz vergessen. Aber Fernsehen ist zu 90 Prozent Schrott. Soweit meine Erfahrung mit „ich glotz TV“. Taugt gerade mal als Hintergrundrauschen. Sie haben mir zwei Kisten Mineralwasser ins Zimmer gestellt. Die Minibar ist ratzeleer. Ich bin froh dass kein Alk im Zimmer ist. Zu verführerisch … Für die nächsten Tage wünsche ich mir das Wetter so schlecht wie’s eben geht. Der Regen soll gegen das Zimmerfenster klatschen, und der Wind soll durch die Ritzen heulen. Wenigsten ein kleines Bisschen Genugtuung. Bitte. Die Aussicht aus meinem Zimmerfenster ist eh schon deprimierend genug. Da blicke herunter in einen häßlichen Hof mit ein Paar Autos und Müllkontainern. Umgeben ist dieser Hof mit einem Kranz aus hohen Häusern, dessen unzählige Fenster gnadenlos auf mein Fenster starren. Sicherlich werde ich mir in den nächsten Tagen irgendwann mal meine Nasenhaare gründlich vornehmen. Und bestimmt auch an anderen Stellen mal gründlich nachsehen. Quasi so eine körperliche Großinventur. Vielleicht vor dem großen Spiegel in der Diele. Kommt ja keiner plötzlich rein. Auch nicht zum Aufräumen oder Bettenmachen. Wer weiß auf was für schräge Sachen man so alles kommt, wenn man sich in einer solchen von der Aussenwelt abgeschlossenen Kapsel befindet. Unbeobachtet. Na klar, warum soll ich mich dann morgens überhaupt noch anziehen? Waschen ? Könnt ja auch um 3Uhr morgens aufstehen, und um 9Uhr mich wieder schlafen legen. Bei solchen Gedanken kommt ein gewisses Gefühl der Schwerelosigkeit in mir hoch. Eine Art MIR-Station inmitten der Hamburger City. Am Ende der Quarantäne wird bestimmt jeder der Truppe ein paar Dinge getan haben, die er als kleines süßes Geheimnis besser für sich behalten wird. Inzwischen habe ich meine erste Mahlzeit ins Zimmer hineingezogenen und zu mir genommen. Grüner Salat mit Hähnchenbrust Filets oben drupp. Die erste Tüte mit Brezeln ist auch schon auf, der Fernseher läuft auch schon. Ohne Ton. Ich bin erschöpft und bräsig. Lange werde ich nicht mehr brauchen bis mir die Augen zufallen werden. Soll ich mir schon mal das Schlaf-T-Shirt anziehen?. Ähm…. aber wozu eigentlich. Draußen rauscht der Regen, und in der Ferne höre ich gewittriges Grollen. Hach….
von Lutz Deterra 09 Aug., 2021
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