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Lutz Deterra

„Quarantäne – Blog 09.08.2021

Tag 2, 11:15

Das Abendessen kam gestern um 18:15. Wieder ein warmes Gericht. Dieses mal Hähnchengeschnetzeltes auf Reis. Später habe ich versucht es mir auf dem Ledersessel, der links vom Fenster steht, gemütlich zu machen, um von da aus TV (Tatort) zu sehen. Es fiel mir schwer nicht einzuschlafen. Habe aber eisern bis zum Ende des Tatorts durchgehalten.

Jetzt scheint gerade die Sonne durch die Gardine. Draußen rappeln irgendwelche Hotelmitarbeiter mit dem Leergut herum. Oder sie zerreissen Kartons und klopfen sie anschliessend in einem Transportwagon fest. Und gleich in der Nähe landet gerade ein Hubschrauber. Kann ich zwar nicht sehen, ist aber nicht zu überhören. 

Mein Rücken schmerzt inzwischen tierisch, was ich auf mangelnde Bewegung zurückführe. Die Abstände zwischen Bett und Sitzgelegenheiten befinden sich im 1Meter-Bereich. Und bis zum Bad sind es vielleicht 4 Meter. Das ist nicht gerade viel Auslauf. „Auf's Bett legen vermeide ich so gut es geht. Der Matratze traue nämlich ich nicht so sehr viel zu. Obwohl sie relativ neu wirkt.  

Das Frühstück hatte ich wie geplant ausgelassen. Hab nur den Saft getrunken, der heute noch süßer war als gestern. Also fliegt dieser ab morgen auch aus dem Essensplan. Aber, es ist mir tatsächlich gelungen die verfickte TASSIMO-Maschine zum Kaffeekochen zu bewegen. Und ich muß leider sagen, diese Scheiss-Kapseln (die ich umwelttechnisch und ökologisch verurteile) schmecken besser als der gestrige Kaffee aus der Thermoskanne. 

Bisweilen kann ich noch keinen aufkommenden Hospitalismus oder Wahnsinn bei mir feststellen. Nur das ich gestern spät abends noch versucht habe stimmungsvolle Fotos von meinem Habitat zu machen. Das Handy liefert dazu ja einige beschönigende Filter. 
Ist das vielleicht schon der Anfang von...... Auweia.
Inzwischen springe ich bei fast jedem Geräusch das ich von draußen höre auf und glotze neugierig aus dem Fenster (wie z.B. dem Hubschrauber). Auch renne ich schnell zur Zimmertür und linse durch den Türspion wenn ich Geräusche im Flur höre. Nur doof dass man durch den Türspion nicht um die Ecke gucken kann. Wäre schon unterhaltsamer. 

Nun blicke ich aber doch schon in Richtung Mittagessen. Müsste so in etwas einer Stunde eintreffen. 

20:50
Das Essen traf wieder zu einer Zeit ein, wo andere erst frühstücken. Und es war schon wieder Geschnetzeltes. Getarnt als Hühnerfrikassee. Ja, Hühnerfrikassee auf Reis. Vier Mal Geschnetzeltes hintereinander. Das muss man sich erst einmal trauen. Ok, gibt schlimmeres....
Wie zum Beispiel das deutsche Fernsehprogramm. Der Fernseher ist hier ja nun ein wesentlicher Bestandteil der Zimmereinrichtung. Ersetzt er z.B. das sonst so häßliche Bild oder Gemälde, welches früher immer mitten auf der großen Zimmerwand prangte. Ich schalte den Fernseher in Hotelzimmern fast immer an, da er wie ich finde, wenn er läuft und Bilder produziert, den Raum irgendwie größer macht. Ähnlich wie ein großer Spiegel. Mit dem Vorteil, dass man sich darin nicht selbst in seinen Schlafklamotten ertragen muß. Häufig lasse ich auch ganz leise den Ton an. Gerade so, dass man nichts genaues versteht. Es gibt mir ein geselliges Gefühl. Wie auch beim Küchenradio. 
Da der Bildschirm die Größe eines Zoo-Aquariums hat schaue ich zwangsläufig auch immer wieder mal hin, und kann die Bilder die ich sehe oft kaum fassen. Drum schalte ich dann meistens weiter, und finde noch ätzendere Bilder. Oder sogenannte RealitySoaps, die vor lauter Dummheit und Geschmacklosigkeit förmlich überquellen. Wer schaut sich so etwas an?? Morgens, mittags, nachmittags. So viele gelangweilte Hotelgäste bzw. Quarantäne-Gäste kann es doch nicht geben.
Abends wird das Programm leider auch nicht viel besser.

Das muss ich mir hier nun schon selbst gestalten. Hab ja noch mein Camping-Studio und meine Bücher. 
Als das Abendessen kam hatte ich schon Hemmungen die Tellerhaube zu lüften. Bitte kein Geschnetzeltes mehr. Aber dann wurde ich doch aufs angenehmste Überrascht: es gab ein Rindersteak mit Folienkartoffel. Also, es geht doch. 

Das war erst der zweite Tag. Ich gebe zu dass ich schon nach der Nasenschere gesucht habe......

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